Theo Lehmann – Jugendgottesdienst Nr. 154

Abschrift der Predigt vom 10. April 1994 über Johannes 3, 1-21 10 (das Gespräch zwischen Jesus und Nikodemus). Theo Lehmann hat über das gleiche Thema eine ähnliche Predigt gehalten, am Juni 1979 im Rahmen des 54. Jugendgottesdienstes.

 

Theo Lehmann erzählt nach der Fragekasten-Runde und einigen Witzen die Geschichte eines Mädchens, das von der Frage getrieben war, wie sie Frieden mit Gott bekommen kann. So ein Typ wie dieses Mädchen, so einer kam mal zu Jesus – bloß mit dem Unterschied, es war kein junges Mädchen, es war ein alter Mann, ein Gelehrter. Ein alter Professor, der hieß Nikodemus.

Er war reich, er war Spitzenfunktionär des jüdischen Staatsapparates, er war ein gelehrter Professor. Höher als er konnte man gar nicht steigen. Mehr als er konnte man im Leben gar nicht erreichen, er hatte eine traumhafte Karriere hinter sich - und trotzdem war dieser Mann unzufrieden.

So wie Millionen Menschen durch die Welt laufen, auch durch die Welt, in der wir hier leben, die alles haben – und unzufrieden sind. Weil ihnen das Entscheidende vom Leben fehlt, nämlich der Friede mit Gott.

Ich erinnere mich genau: da hat einmal einer aus unserer Gemeinde einen Abend gestaltet zum Thema: Jesus oder Karriere, was ist wichtiger? Nun, in der frommen jungen Gemeinde hat der natürlich gesagt: „Jesus ist wichtiger als die Karriere“. In Wirklichkeit hat er sich dann eine ganze Zeit lang überhaupt nicht um Jesus gekümmert, sondern nur um seine Karriere. Er hat auch damals erreicht, was man damals erreichen konnte. Er hat einen Studienplatz gekriegt, eine Frau, eine Wohnung hat er auch gehabt. Er hatte alles erreicht. Aber als ich ihn einmal auf der Straße getroffen habe, habe ich gemerkt, obwohl er alles hatte, was er wollte, war er unzufrieden. Er hatte keinen inneren Frieden, er hat nur gemeckert und genölt, er hat nur Unzufriedenheit gezeigt. Mit allem hatte er Schwein, bloß nicht mit dem Glück. Denn zum glücklich sein gehört offenbar mehr als nur ein bisschen Karriere, eine Wohnung, eine Frau, ein Studienplatz oder so was. Man hat ja bloß keine Zeit, darüber nachzudenken. Am Tage muss man arbeiten, am Abend muss man fernsehen. Aber in der Nacht, wenn alle Apparate und Lichter abgeschaltet sind, kommen einem ja so allerhand Gedanken. Und die Gedanken die kannst du ja nicht einfach ausknipsen wie deine Nachttischlampe.

Nikodemus will es wissen – du auch?

Eines Nachts sitzt der Professor Nikodemus in seiner Gelehrtenstube, hat den Kopf in die Hände gestützt und denkt nach. Und er kaut an der Frage: was kommt eigentlich bei meinem Leben raus? Sicher, sagt er sich, ich hab's zu was gebracht, meine Karriere, das soll mir erst einmal einer nachmachen. Aber was ist der Sinn vom Ganzen? Professor Nikodemus merkt, dass ihm etwas fehlt. Er weiß nicht, was ihm fehlt, er weiß nur dass ihm etwas fehlt.

Da pustet er kurz entschlossen seine Kerze aus, zieht sich einen dunklen Mantel drüber und schleicht im Schatten der Häuser durch das nächtliche Jerusalem. Johannes Evangelium, Kapitel drei: Es war aber ein Mensch unter den Pharisäern der hieß Nikodemus, ein Oberster unter den Juden. Der kam zu Jesus bei der Nacht. Nikodemus geht zu Jesus, weil er fühlt, der hat was mit dem zu tun, was mir fehlt. Er erwartet, dass er das von Jesus kriegt. Er kommt also mit einer bestimmten Erwartung.

So wie du heute Abend mit einer bestimmten Erwartung in die Luther-Kirche gekommen bist. Du erwartest, dass du heute Abend loskommst von deiner Angst, von deiner Sucht, dass du darüber hinwegkommst über deine Traurigkeit, dass du rauskommst aus deiner schlechten Laune und was weiß ich. Du erwartest eine Sinngebung und du hoffst, dass du das hier bei Jesus kriegst. Das ist das, was du erwartest, wenn du hierher kommst. Das gibst du natürlich nicht zu. Im Gegenteil, du protestierst jetzt innerlich. Sagst: da irren Sie sich aber, Herr Pfarrer. Ich komme nicht wegen ihrem Jesus her, das einzige was ich erwarte ist, dass ich vielleicht ein neues Lied höre oder ein neuer Witz gemacht wird, ich bin einfach aus Langeweile hier.

Also gut, mein lieber Nico – wenn ich Nico sage, meine ich dich, wenn ich Nikodemus sage, meine ich den Professor – also, Nico, wir wollen uns nicht streiten, wir wollen einmal lieber gucken, was unser Professor macht. Der Professor macht nämlich genau dasselbe wie du. Er gibt mit keiner Silbe zu, dass er ein Problem hat. Kein Wort davon, dass er sich am Leerlauf seines Lebens wund scheuert. Dass er sich danach sehnt, ein anderer Mensch zu werden. Nur ja nicht zugeben, dass er Hilfe braucht, einen Helfer, einen Heiland, einen Erlöser. Nur ja nicht den Eindruck erwecken, er hätte ein seelsorgerliches Gespräch nötig! Überhaupt nicht! Professor Nikodemus ist gekommen, um mal ein bisschen zu plaudern. Er will ein bisschen diskutieren. Will sich einfach mal mit diesem Jesus unterhalten. Interessiert ihn einfach, der Mann. So eine kleine Fachdebatte unter Fachtheologen. Solche Nikodemusse marschieren ja auch oft in dieser Kirche rum, die sich durch nichts betroffen fühlen und immer nur ein bisschen reden wollen.

Statt dass der die Frage nennt, wegen der er nachts nicht mehr schlafen kann, nämlich  die Frage nach dem persönlichen Seelenheil, statt zu fragen, was er nicht weiß, da redet er von dem, was er weiß. Meister, sagt er zu Jesus, wir wissen, dass du ein Lehrer bist, der von Gott gekommen ist. Niemand kann die Zeichen tun, die du tust, außer wenn Gott mit ihm ist.

Jesus stellt die Frage, vor der sich alle fürchten.

Der Mann hat also von Jesus eine ziemlich hohe Meinung. Aber Jesus sucht ja nicht Leute, die von Ihm eine hohe Meinung haben, sondern die ihn lieb haben. Jesus will keine Bewunderer, er will Nachfolger. Und deswegen geht Er auf diesen Schwall von höflichen Redensarten mit keiner Silbe nicht ein. Sondern Jesus beantwortet die Frage, die Nikodemus wirklich interessiert, also die Frage: Jesus, wie kriege ich in meinem Leben einen Sinn, wie werde ich ein neuer Mensch. Jesus antwortet ihm, Vers vier: Ich versichere dir, nur wer von neuem geboren ist, kann Gottes Reich sehen. Mit anderen Worten: Jesus stellt dem Professor Nikodemus die Frage, vor der sich so viele Christen und Profis und christliche Professoren, so fürchten. Nämlich die Frage: bist du wiedergeboren, bist du bekehrt? Da gibt es unter den Christen, vor allem unter den Professoren, viele, die fangen jeden Satz genauso an wie der Professor Nikodemus. Sie sagen immer: „Wir wissen!“ Sie stochern in der Bibel rum und sagen: „Wir wissen. Wir wissen, dieser Satz ist echt. Wir wissen, dieser Satz ist unecht. Wir wissen, Jesus hat das und das gesagt und das und das nicht gesagt. Wir wissen!“


Eine Professorin wird wiedergeboren. Ihr erschütterndes Bekenntnis.

Da gibt es den Professor Lüdemann[1]. Der hat gerade ein Buch geschrieben und da breitet er gerade sein Wissen aus. Er behauptet nämlich, dass Jesus nicht aus dem Grab auferstanden ist, wie es die Bibel sagt (die Bibel sagt nämlich, dass das Grab leer war), sondern der sagt: „Nee, nee, das stimmt nicht, was da in der Bibel steht, sondern Jesus ist im Grab verfault, vergammelt wie jeder andere – und deswegen gibt es gar keine Auferstehung und so weiter. „Wir wissen“. Vom gleichen Schlage wie dieser Professor Lüdemann ist die Frau Professorin Linnemann[2]. Die hat früher mal genau ein solches Zeug erzählt wie der. Und dann hat sie eines Tages, an der Universität Marburg, am schwarzen Brett, vor den Studenten, einen Zettel angeheftet, einen Aushang gemacht. Und da stand folgende drauf:

 „Ich habe Jesus Christus als meinen lebendigen Herrn erfahren, der für meine Sünde am Kreuz gestorben ist und der auferweckt ist und dem alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden. Und ich erfahre durch den Heiligen Geist und die Zeugnisse der Brüder und Schwestern die ganze Bibel als Gottes lebendiges Wort, das heute geschieht. Ich habe erkannt, dass ich in meinem Leben ein blinder Blindenleiter gewesen bin. Und ich erkläre alles, was ich bisher gelehrt und geschrieben habe, als einen Dreck. Ich kann nicht länger versuchen, das Wort der Schrift mit meinem Denken zu kontrollieren, sondern nur noch darum bitten, dass Gottes Wort durch den Heiligen Geist mein Denken verwandelt.“

Diese Frau Professor Linnemann ist der lebendige Beweis, dass selbst ein Professor der Theologie sich noch bekehren kann. Und sie hat die Erfahrung gemacht, in Gottes Reich kommt man nicht durch Denken und Wissen, sondern durch Wiedergeburt.

Was ist Wiedergeburt?

Wiedergeburt heißt Bekehrung. Der Ausdruck Wiedergeburt macht ja nur deutlich, hier geht es um etwas, was man selber nicht machen kann. Man kann sich nicht selber gebären, sondern man wird geboren.

Es kommt also nicht darauf an, ob du hinter alle Geheimnisse der Bibel kommst und alle Dogmen der Kirche verstehst. Es kommt auf deine Wiedergeburt an und eine Geburt, ist doch nicht ein Gedankending, sondern das ist die Grundvoraussetzung des Lebens. Gott will, dass du lebst, verstehst du! Deswegen hat Jesus ja immer von sich gesagt: Ich bin gekommen, um euch ein Leben zu geben, das euch rundum genügt[3]. Er möchte, dass du jetzt ein sinnvolles Leben, und dann ein ewiges Leben hast. Und wenn merkst, dass du bisher verkehrt gelebt hast, ohne Gott, dann bietet Gott dir an, egal wie alt du bist, dann kannst du noch einmal von vorn anfangen. Du kannst neu anfangen, du kannst neu geboren werden wie ein Kind.

Du überwindest doch den toten Punkt deines Lebens nicht dadurch, dass du immer mehr arbeitest, an deinem Charakter und deiner Karriere. Wenn einer einmal auf dem falschen Weg ist, dann nützt es ihm nichts, wenn er immer schneller rennt. Das hat doch nur Sinn, wenn er aussteigt, umkehrt, neu anfängt. Eigentlich müsste Nikodemus jetzt sagen: „Jesus, Du hast recht. Ich lebe schon so lange, aber ich lebe in der falschen Richtung. Ich brauch jetzt mal einen neuen Start.“

Der Herr Professor auf dem Glatteis.

Aber statt das einzige zu tun, was jetzt dran ist, nämlich Jesus sein Leben auszuliefern, mit Jesus anzufangen, da fängt der an mit der Diskussion. Als Jesus dem Nikodemus die Frage nach der Bekehrung stellt, da ist der Herr Professor bereits am Ende mit seinem Wissen, und mit seinem Begreifen. Er begreift nur, hier ist von unbegreiflichen Dingen die Rede. Und da verlegt er sich auf‘s Diskutieren, und zwar auf eine so primitive Weise, dass man sich wundert, wie ein gebildeter Mensch solchen Schwachsinn zusammen reden kann. Das ist mir schon öfter aufgefallen, wenn man auf Gott zu sprechen kommt, da reden selbst die gebildetsten Leute einen Mist zusammen, dass einem übel werden kann. Auf das Stichwort „Wiedergeburt“ da antwortet der Nikodemus: „Wie kann ein Mensch denn geboren werden, wenn er alt ist? Er kann doch nicht in den Leib seiner Mutter zurückkehren und ein zweites Mal auf die Welt kommen. Diese Antwort zeigt in einer geradezu peinlichen Weise: es ist absolut vergeblich, die göttlichen Dinge mit der Vernunft erfassen zu wollen. Ich sage nichts gegen die Vernunft. Die Vernunft ist ja eine gute Gabe Gottes. Aber sie ist nicht das richtige Mittel, um Gott zu erkennen.

Ich will es mal mit einem Vergleich sagen. Ich bin ja ein absoluter Fanatiker von Schwimmflossen. (…) Aber wenn ich auf dem Fichtelberg sitzen würde, und da käme – „patsch, patsch“ – so einer mit Schwimmflossen den Fichtelberg hoch, da würde ich nicht mehr begeistert gucken, sondern entgeistert. Ich würde denken, da stimmt etwas nicht bei dem. Denn um auf den Fichtelberg zu kraxeln, da nehm ich mir ordentliche Schuhe und keine Schwimmflossen. Versteht ihr, nichts gegen die Flossen, aber um auf den Berg zu gehen, brauche ich Schuhe. Nichts gegen die Vernunft, aber um Gott zu erkennen, da brauche ich das Herz, und nicht nur den Kopf. Der Nikodemus ist ein Kopfmensch, er sagt: das geht nicht in meinen Kopp rein, was der Mann hier redet. Deswegen sagt er: „Soll ich alter Mann vielleicht noch einmal in den Leib meiner Mutter zurückkriechen und ein zweites Mal auf die Welt kommen?“

Leute, wenn ein kluger Mensch eine Sache derartig grotesk missversteht und solchen Unsinn redet, dann beweist er damit, dass er die Sache in Wirklichkeit sehr genau verstanden hat. Und Nikodemus hat Jesus sehr genau verstanden. Er begreift: „Umkehren soll ich!“ Nicht zum Leib der Mutter, sondern zu Gott. Er spürt: jetzt hat Jesus mein Herz angegriffen, und er biegt diesen Angriff ab, indem er seinen Verstand einsetzt. Er merkt: „Jetzt müsste ich Jesus mein Leben geben“ – aber vor diesem Schritt, da zuckt er zurück. Er will erst noch mal darüber reden. Und deshalb fragt er: „Wie, wie ist das möglich? Wie kann ein erwachsener Mann von vorne anfangen? Wie kann ich über meinen Schatten springen? Wie kann ich aus meiner Vergangenheit aussteigen? Statt Jesus sein Leben auszuliefern, fängt er an, über das „Wie?“ zu diskutieren.

Diskussion als Zuflucht, um sich nicht für Jesus entscheiden zu müssen?

Nichts gegen Diskussion, im Gegenteil. Ich meine, es müsste mehr diskutiert und viel mehr gefragt werden. Aber durch Diskussion kommst du nicht zu Jesus. Ein einziges Gebet bringt dich schneller zu Gott als tagelange Diskussionen. Denn über die Frage, ob du Jesus dein Leben geben willst, da gibt’s nichts zu diskutieren. Da gibt’s nur ein Ja oder ein Nein. Die Diskussion ist der letzte Zufluchtsort für die Leute, die sich vor einer Entscheidung drücken wollen. Die Frage nach dem „Wie? Wie ist das möglich?“ ist die typische Frage von denen, die Zuschauer bleiben wollen und die dem Hochspannungsdraht Jesus nicht zu nahe kommen wollen.

Ich beobachte das immer wieder bei Gesprächen gerade nach solchen Veranstaltungen. Da sind Menschen von der Botschaft angesprochen. Da sind welche von dem Wort Gottes gepackt. Die haben den Kraftstrom Gottes gespürt. Die merken: „Wenn ich jetzt zugreife, dann wird mein Leben verwandelt!“ Und dann haben sie Angst, diesen Schritt zu Jesus zu tun. Und da versuchen sie, sich aus der Affäre zu ziehen, indem sie anfangen zu diskutieren. Sie kommen dann hinterher zu mir und sagen: „Interessant, was ihr da macht. Hätte ich ja gar nicht gedacht, dass es sowas in der Kirche gibt, ich dachte, das ist so ein verstaubter Laden für alte Leute. Allerhand, was man hier zu  hören kriegt, find ich auch ok, was du gesagt hast. Den Jesus, von dem du redest, find ich absolut ok. Aber – und dann kommt’s – wie kann Er der Sohn Gottes sein? Wie ist das möglich, dass Er von den Toten auferstanden ist? Wie kann ein Mensch, der zwanzig Jahre lang Säufer gewesen ist, davon freiwerden? Wie kann ein Mensch, der als Atheist erzogen worden ist, an Jesus glauben? Wie kann überhaupt ein Mensch sich bekehren?“

Wie das sein kann, weiß ich auch nicht. Ich weiß nur, dass es das gibt. Das habe ich in meinem Leben x-mal erlebt. Denn die Bibel ist ja voller Beispiele, dass es das gibt. Dass ein Mensch eine einzige Predigt hört und Jesus begegnet, zum ersten Mal in seinem Leben, und sein Nachfolger wird. Denk doch an den Zachäus. Das war einer, der wollte auch nur so Zuschauer von der Ferne sein. Dem hat Jesus noch nicht einmal eine Predigt gehalten. Zu Dem hat Jesus nur gesagt: „Zachäus, komm runter, ich will in den Leben.“ Und der Zachäus, der da oben im Baum hing, der fällt wie so eine reife Pflaume Jesus in die Arme und ab da ist er ein Nachfolger von Ihm.

Ich kann die Frage, wie man Christ wird, wie das passiert, wie man sich bekehrt, ich kann die Frage nicht beantworten, weil sie Jesus nicht beantwortet hat. Ich kann dir nur sagen, wenn du hier in der Kirche sitzt und wenn du diesen Gottesdienst beklatschst und wenn du getauft bist und wenn du ein großes Kreuz am Hals hängen hast: es nützt dir alles nichts, wenn du nicht bekehrt bist, das heißt wiedergeboren, wenn du nicht mit deinem Herzen an Jesus glaubst. Wenn du nicht bekehrt bis,  kommst du nicht in Gottes Reich. Jesus sagt am Schluss dieses Kapitels: wer an den Sohn glaubt, der hat das Leben. Wer nicht an den Sohn glaubt, der wird das ewige Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm.

Ohne Wiedergeburt kein Zugang in das Reich Gottes.

Also entweder du bist wiedergeboren, oder du bist ewig verloren. Wer nicht geboren ist, der lebt nicht, das ist doch ganz logisch. Geburt ist lebensnotwendig. Wer nicht wiedergeboren ist, hat das ewige Leben nicht. Die Wiedergeburt ist lebensnotwendig, ist heilsnotwendig. Die Rede von der Wiedergeburt, das ist nicht so eine spezielle Macke von ein paar besonders frommen Leuten. Das Pochen auf die Bekehrung, das ist nicht die fixe Idee von ein paar fanatischen Evangelisten. Sondern das hat ja Jesus hier selber gesagt. Er hat gesagt: Nur, nur wer wieder geboren ist, kommt in Gottes Reich.

Deswegen frage ich dich jetzt: bist du wiedergeboren? Bist du bekehrt? Bist du ein Christ? Glaubst du an Jesus? Ich hab dich nicht gefragt, wann du dich bekehrt hast, falls das mal passiert sein sollte. Ich frage nicht nach dem Datum, ich frage nach dem Faktum, ob es so ist. Ich kann auch keinen Tag aus meinem Leben angeben, kein Datum, wann ich mich bekehrt habe. Mir geht es so wie den Negersklaven von Amerika. Wenn man die gefragt hat: „Wann ist dein Geburtstag, dann haben die oft sagen müssen „Wann ich geboren worden bin, das weiß ich nicht. Aber dass ich lebe, das weiß ich!“. Und so kann ich auch keinen bestimmten Tag angeben, an dem ich mich bekehrt habe. Aber ich kann jetzt sagen, ich lebe mit Jesus, ich glaube an Ihn, und das ist der entscheidende Punkt. Das ist doch traurig, wie manche Christen anfangen, rumzueiern, wenn man sie fragt: „Bist du Christ? Bist du bekehrt?“ und es heißt dann: „Ja, ich denke, ich möchte schon, ich bin auf dem Wege.“ Also wenn man mich fragt: „Bist du verheiratet?“ und ich sage dann: „Ich denke, ich möchte schon, ich bin auf dem Wege…“ – Also wenn das meine Frau hören würde, die würde mich in die Seite knuffen, dass ich bis an mein Lebensende nicht vergesse, dass ich mit ihr verheiratet bin. Das ist doch eine Sache, die inzwischen klar ist, das haben wir doch beide mal offen mit einem „Ja“ vor Zeugen gesagt.

Und ob du dein Leben in die Hände des Herrn dieser Welt gelegt hast, ob du mit Jesus lebst, das ist doch nicht eine Sache, wo man sagen kann, ich weiß es nicht genau. Das muß doch klar sein. Und da kannst du auch darüber klar sein. Deswegen frage ich dich ja jetzt, ob du auf die Frage: „Bist du ein Christ, gehörst du zu Jesus“ ein sofortiges und klares und einfaches „Ja“ sagen kannst? Wenn nicht, kommst du nicht in Gottes Reich. Aber dann kannst du ja jetzt in diesem Moment in deinem Herzen sagen: „Jesus, ich will Dir gehören, ich glaube an Dich, ich will bei Dir sein.“ Dann trittst du in diesem Moment in das Reich Gottes ein. Verstehst du: Bekehrung ist kein besonderer kirchlicher Akt. Wer an Jesus Christus glaubt, heißt es, der ist wiedergeboren. Der Nikodemus war sozusagen mit einem Bein schon im Reich Gottes drin, und da kratzt er im letzten Moment wieder die Kurve mit seiner Frage: „Wie kann man denn wiedergeboren werden?“ Der Herr Professor will es eben immer ganz genau wissen. Jesus ist kein Professor. Der war ja Laie. Er hat ja nicht studiert. Bei Jesus ist es immer ganz einfach, der ist nicht kompliziert.

Er lässt sich nicht auf das flache Niveau unserer angeblich „vernünftigen“ Argumente herunter ziehen. Jesus diskutiert nicht. Er diskutiert vor allem gar nicht über die Bekehrung. Gleich gar nicht über das „wie“ der Bekehrung. Er erklärt nicht erst umständlich den Leuten, wie Bekehrung möglich ist, sondern Jesus erklärt kategorisch, dass ohne Bekehrung Christsein nicht möglich ist. Mit dieser kategorischen Beschreibung will Jesus sagen: ich kann und will es dir nicht erklären. Wiedergeburt kannst du bloß erleben. Und wenn du es nicht erlebst, kannst du es auch nicht verstehen. Dann hältst du es eben für einen religiösen Macke oder irgend sowas. Wenn du es aber erlebst, das heißt, wenn du dein Leben Jesus anvertraust, dann fragst du nicht mehr nach dem „Wie?“

Wenn du noch nie verliebt warst, kann dir kein Mensch erklären, wie das ist - verliebt sein. Wenn du mich fragst, wie macht man das, verliebt sein, dann kann ich nur sagen: du Knallkopp, das macht man nicht, das ist man! Oder man ist es eben nicht. So kann Jesus auch dem Nikodemus keine Antwort geben auf die Frage „Wie wird man denn wiedergeboren?“ Sondern Jesus sagt nur: „Liefere mir dein Leben aus, komm doch zu Mir, und dann erfährst du es, und dann merkst du es.“

Komm raus in die helle Sonne.

Verstehst du, Nico, es geht doch gar nicht viele großartige, geistvolle Argumente. Es geht auch nicht um gescheite Gedanken oder um kluge Fragen nach dem „Wie“. Es geht einfach um die Frage, bist du bereit, nicht bloß über Jesus zu reden, sondern mit Ihm zu gehen, mit Ihm zu leben. Wenn es um den Glauben an Jesus geht, dann musst du nicht alle damit zusammenhängenden Probleme vorher durchdenken und klären und bereden. Das ist weder möglich noch nötig. Du kannst nicht sagen: „Erst muss ich erst mal Klarheit haben, wie das alles mit dem Jesus funktioniert, und dann komm ich zu Jesus.“

Es geht genau umgedreht. Komm erst zu Jesus und dann siehst du klar. Mit deinen Zweifeln und mit deinen Bedenken, da kommst du mir vor wie einer, der in einer Gartenlaube drinnen sitzt und die Fenster zugemacht hat. Und ich sitze draußen davor auf der Wiese. Und ich sage zu dir: „Mach doch mal die Fensterläden auf. Häng doch mal deinen Kopp raus. Guck doch mal raus! Hier draußen ist Frühling. Ich sitze auf der Wiese, die Blumen blühen, es ist bunt, der Himmel ist blau, die Sonne scheint!“ – und du sitzt da drinnen und sagst: „das kann ich mir alles gar nicht vorstellen.“

Mensch, öffne doch mal die Tür deines Lebens und lass das Licht hinein! Luther hat einmal gesagt: „Ein Christ ist ein Mensch, der aus einem dunklen Haus in die Sonne springt.“ Komm, Nico, komm doch raus aus deiner Hütte. Spring raus in die Arme von Jesus. Er erwartet dich mit ausgebreiteten Armen.

 

* * * * *

 



[1] Gerd Lüdemann, geb. 1946. Deutscher evangelischer Theologe. Seiner Aussage zufolge sind nur fünf Prozent der Überlieferungen von Jesu Worten auf Jesus zurückgehend. Der Rest sei von seinen Anhängern erfunden und dazugedichtet worden. Er behauptet unter anderem, Jesus habe sich getäuscht (!). 1998 verlangte die Konföderation evangelischer Kirchen die Entfernung Lüdemanns aus der Theologischen Fakultät. Zur Kontroverse um Lüdemann siehe den entsprechenden Wikipedia-Artikel, der dem Schreiber als Quelle diente. Lüdemann darf getrost als einer der schlimmsten Irrlehrer der Neuzeit bezeichnet werden. Er bezeichnet sich selbst nicht mehr als Christ, blieb aber Mitglied in der evangelisch-lutherischen Kirche Hannovers – allerdings nur, um seinen Beruf weiter ausüben zu können. – Anm. des Schreibers

[2] Eta Linnemann (1926 – 2009). Evangelische Theologin in Marburg, Schülerin von Rudolf Bultmann, zunächst eine Verfechterin der historisch-kritischen Methode. Ihr erstes Buch wurde zu einem Standardwerk der historisch-kritischen Methode. Sie sagte sich 1978 von Lehrer und Lehre los und schrieb das Buch „Was ist glaubwürdig – die Bibel oder die Bibelkritik?“ (VTR-Verlag), in dem sie die Arbeitsweise dieser Methode als letztlich unwissenschaftlich entlarvt. – Anm. des Schreibers

[3] Johannes 10,11