Wilhelm Busch

Die Suchaktion Gottes

Kurzgeschichten der Bibel

 

Die himmlische Kurzgeschichte

 

Psalm 110, 1: „Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege.“

 

Wenn ein Fremder heute Morgen hier in unsre Versammlung gekommen ist, denkt der jetzt sicher: „Die haben komische Interessen! Wenn ich den Text recht verstanden habe, spielt diese Kurzgeschichte im Himmel. Und erzählt hat sie der König David. Angenommen, der hätte wirklich etwas gewusst von himmlischen Vorgängen – dann hat dieser David immerhin schon vor 3000 Jahren gelebt. Und so 'ne Geschichte wollen die hier besprechen! Und das ausgerechnet in einem Jugendgottesdienst!“

So denkt ein Fremder. Ja, vielleicht denken das sogar die treuen Besucher dieses Gottesdienstes.

Nun passt einmal auf: Wenn ich meine Augen ganz dicht vor das Mikrophon hier bringe, dann deckt mir das Mikrophon den Saal zu. Dann sieht es riesig aus, größer als der Saal. Wenn ich aber den richtigen Abstand habe, sehe ich die Dinge richtig. So geht es auch im Leben. Wir stehen so dicht bei den so genannten „aktuellen“ Ereignissen, dass sie uns unsagbar wichtig erscheinen. Die Bibel aber hat die eigentümliche Kraft, dass sie uns den richtigen Abstand schenkt. Da schrumpfen die Dinge, die uns hier bedrängen, seltsam zusammen. Und wir entdecken: Die himmlische Kurzgeschichte ist sehr wichtig.

 

1) Wie schön, dass es so etwas gibt!

 

Wir gingen an einem Kino vorbei, aus dem die Besucher gerade herauskamen. Die Männer steckten sich eine Zigarette an, die Mädchen suchten nach der Puderdose. „Wie leer die Gesichter sind!“ sagte mein Freund. „Ja“, habe ich hinzugefügt, „und wie leer erst die Herzen sind!“

Das ist das Kennzeichen unserer Zeit: Alles ist leer. Die Gesichter – die Herzen. Auch die Reden. Immerzu wird irgendetwas eingeweiht, eröffnet, gefeiert. Und dann reden Männer des öffentlichen Lebens. Was reden sie eigentlich? Leere Worte. Und die Kirche hat weithin auch nichts anderes mehr als unverbindliche Diskussionen und leere Worte, hinter denen keine Substanz steht. Und leer sind auch die Hoffnungen der Menschen. Man lebt nur noch in den Tag hinein. Leer sind sogar die Revolutionen. Seit langem sind sie – wie Berdjajew sagt – nur Umkleidungen, in denen das alte Böse in neuem Gewand auftritt.

Wie. kommt denn das? Woher diese Leere? Es gibt nur eine einzige Antwort: Wo der Himmel leer geworden ist, wird alles leer. Und unsere Zeit hat einen leeren Himmel. Den richtigen hat man aus den Augen verloren. Man hat noch einen Ersatzhimmel in Reserve, in dem ein so genannter „Herrgott“ sich Immer mehr verflüchtigt.

Wie ganz anders klingt es aus unserem herrlichen Text! Er zieht einen Vorhang hinweg und lässt uns in den wirklichen Himmel hineinschauen. „Der Herr“ – das ist der Vater-Gott – „sprach zu meinem Herrn“ – das ist der Herr Jesus der Sohn – „Setze dich zu meiner Rechten …!“ Und dies wird dem David gezeigt durch den Heiligen Geist. So haben wir die Heilige Dreieinigkeit: den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Da ist nicht mehr ein leerer Himmel, da ist die Wirklichkeit Gottes.

Dass wir es doch fassten und aus der Qual des leeren Himmels herauskämen!

Da ist der Vater. Paulus sagt von ihm: „Er ist der Vater unsres Herrn Jesu Christi und der rechte Vater über alles was da Kinder heißt.“ Jawohl, der rechte Vater.

Und da ist der Sohn, mein Heiland! Er sagt: „Wer mich sieht, sieht den Vater. Und er sagt: „Ich bin gekommen, dass sie das Leben und volle Genüge haben sollen.“ Und er sagt: „Siehe, ich mache alles neu.“ Er ist der, „der dir alle deine Sünde vergibt. Wirklich, ein wundervoller Erlöser!

Und da ist der Heilige Geist, der mir für alles die Augen öffnet und mich zieht, dass ich komme und glaube und nehme alles Heil Gottes.

Ein. Himmel, der nicht leer ist! Dass es das gibt! Und dieser dreieinige Gott thront dort nicht wie eine Statue. „Der sprach zu meinem Herrn …“ Das heißt: Es wird gesprochen es wird etwas getan. Es ist alles voll Leben.

 

2) Das muss man doch wissen

 

Ja, das muss man doch wissen, dass es hier entschieden wird wer in der Welt das letzte Wort behalten soll. „Der Vater, Gott, sprach zum Sohne Jesus: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege.“ Diese kurze Geschichte ist tausendmal wichtiger und beachtenswerter und entscheidender als alles, was die Zeitungen in den letzten 300 Jahren geschrieben haben.

Es ist für die Vernunft unerhört, was hier gesagt wird. Die Zeitschriften berichten heute immer wieder von Männern, die ganz plötzlich eine ungeheure wirtschaftliche Macht an sich gerissen haben. Da könnte man denken: Am Ende behalten doch immer die genialen Raffer und Geldleute das letzte Wort. Nein! sagt die Bibel. Sie vergehen wie die Blume auf dem Felde. Ihre Macht zerfällt. Aber zu Jesus hat der Vater gesagt: „Ich lege alle deine Feinde zum Schemel deiner Füße.“

Wer das glauben könnte! Wir sehen heute, wie in der großen und kleinen Politik, ja sogar in der Kirche, das stille und heimliche Blockbilden die Herrschaft gewinnt. Wird nicht immer wieder der ganz Schlaue, der alle andern „überspielt“, das letzte Wort haben? „Nein!“ sagt die Bibel. „Eintagsfliegen sind sie. Der Sohn Gottes behält das letzte Wort.“

Nicht die ganz Pfiffigen, nicht die ganz Schlauen, nicht die ganz Geschickten, nicht die heimlichen Drahtzieher und nicht die lauten Schreier behalten das letzte Wort in der Welt, sondern Jesus allein behält es.

Wirklich? Jesus? Das ist doch der ganz Verachtete, den man einmal an das Kreuz schlug und den man täglich neu kreuzigt. Das ist doch der Stein, „den die Bauleute verworfen haben“. Dieser Jesus hat das letzte Wort? Ja, so ist es in unserer himmlischen Kurzgeschichte entschieden worden.

Lasst uns das doch fassen! Dann brauchen wir nicht zu verzweifeln an der Welt. Dann können wir fröhlich lachen über manches, was sich heute so wichtig aufbläht. Dann dürfen wir getrost ganz einfältig werden und uns mit Haut und Haar, mit Herz und Leben diesem herrlichen Herrn Jesus anvertrauen. Dann dürfen wir ihm ganz einfach gehorsam sein, auch wenn die ganze Welt das „verrückt“ und „einseitig“ findet.

 

3) Das ist ja gar keine Kurzgeschichte

 

„… bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege …“ Das ist eine lange Geschichte. Da ist der Anfang klar: Der Vater verspricht dem Sohne die Herrschaft. Und das Ende ist auch klar: „Alle Zungen werden bekennen, dass Jesus Christus der Herr ist.“ Aber dazwischen die Geschichte – die ist lang: „… bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße lege.“

Und nun kommt das Seltsame: Jeder, der sich mit Jesus einlässt, wird sofort in diese Geschichte hineingezogen. Da stellt sich nämlich auf einmal heraus: Die eigentlichen Feinde Jesu – die sind ja in meinem eigenen Herzen: mein Unglaube und mein elender Sorgengeist, mein irdischer Sinn und meine üblen Triebe, meine Lieblosigkeit und meine Unwahrhaftigkeit – kurz, meine ganze verdorbene Natur, die ich von meinem Stammvater Adam geerbt habe.

Und das ist die lange Geschichte eines wirklichen Christenlebens, dass – so drückt es Paulus aus „Christus wohne durch den Glauben in euren Herzen und ihr durch die Liebe eingewurzelt und gegründet werdet.“

Nun können wir uns zum Schluss nur fragen: Hat diese Geschichte eigentlich bei mir schon angefangen, dass der Vater durch den Heiligen Geist dem Herrn Jesus alle Kräfte und Mächte meines Herzens, all diese rebellischen Kräfte zu Füßen legt? Es ist das ein Kampf ohne jede Verkrampfung, weil wir täglich Vergebung empfangen dürfen durch sein Blut.

In dem Maß, als Jesus in unsrem Leben Sieger wird, haben wir Friede und Freude im Heiligen Geist.